Postgeschichte Laupheims

Archivalie des Monats Januar 2024

 

Im 16. Jahrhundert war das Postwesen innerhalb des Deutschen Reiches, das »Postregal«, den Fürsten Thurn und Taxis als erbliches kaiserliches Lehen überlassen worden. Nun stand die Post, die vorher mehr landesherrlich-privaten Charakter gehabt hatte, jedermann zu Diensten.

Ein Taxis’scher Postmeister, Bernhardin Pichelmayer von Ulm, war es auch, der im Jahre 1680 einen Postkurs von Ulm über Laupheim bis nach Lindau einrichtete und hier eine Posthalterei aufmachte.

 

Mit dem Jahre 1805 ging das Postwesen von den Thurn und Taxis auf das Land Württemberg über, und 1806 erhielt Laupheim, das zunächst ein Jahr lang zu Bayern gehört hatte, ein Königlich Württembergisches Postamt. Die Postillione und Postbeamten trugen nun die schmucke württembergische Uniform. Die Laupheimer Poststelle war vom Jahre 1808 an im Gasthaus zum Goldenen Adler am oberen Marktplatz untergebracht.


von 1839 bis 1910 diente das Gasthaus zum Hirsch als „Postbüro“. Auf dem Platz steht heute das »Posthotel«.


Unter dem vormaligen Kreuzwirt Johannes Nepomuk Enderle wurde 1839 das »Postbüro« von der Adlerwirtschaft weg in das Gasthaus zum Hirsch, im unteren Ortsteil an der Durchgangsstraße gelegen, verlegt. Auf dem Platz steht heute das »Posthotel«. Den »Hirsch“ hatte Enderle von der stark verschuldeten Groß-Laupheimer Weldenfamilie käuflich erworben. Von dieser Zeit an wurde im Volksmund der »Hirsch« allmählich zur »Post« umbenannt. Im Jahre 1845 verkaufte Enderle das Postwirtshaus an German Freuden-reich, von dem es 1894 Geheimrat Dr. Kilian Steiner, Eigentümer des Groß-Laupheimer Schloßgutes, erwarb. Er war es, der dann die alte Gastwirtschaft abreißen und das heutige »Posthotel« mit Saal aufbauen ließ. 1905 ging die neue »Post« an den Güterbeförderer Josef Hermann über, allgemein nur »Postsepp« genannt, der bis dahin seinen Sitz am Hauptbahnhof gehabt hatte.

 

Neben seiner Gastwirtschaft zum Hirsch hatte Posthalter Enderle einen geräumigen Neubau erstellen lassen. In dieses Gebäude, das die Postverwaltung zunächst gemietet hatte, war die Poststelle im Jahre 1867 umgezogen. Für 20914 Goldmark hatte die Postbehörde einige Jahre später das Anwesen von den Erben Enderles aufgekauft und es 1898 durch einen Anbau erweitern lassen.

Das Personal des Königlichen Postamts zu Laupheim setzte sich 1897 zusammen aus 1 Postmeister, 1 Postsekretär, 1 Postamtsassistenten und 4 Briefträgern.

Die damals schon umfangreichen Postsendungen, die mit dem Pferdepostwagen vom Hauptbahnhof zur Stadt hereingeführt wurden, mussten in täglich drei Botengängen den Adressaten zugestellt werden. Das bedeutete für die wenigen Briefträger ein beachtliches Arbeitspensum, besonders auch in Anbetracht der damaligen Straßenverhältnisse. Die Überbeanspruchung der Postboten nahm im Jahre 1904 ein hiesiger Bürger zum Anlass, um im »Laupheimer Verkündiger« die Öffentlichkeit, vor allem auch die Postverwaltung, auf den so sehr strapazierten Mann aufmerksam zu machen. Wir lesen (gekürzt) unter »eingesandt«: »Pfingsten, das liebliche Fest ist gekommen. Mit ihm freut sich alt und jung, und wer es kann, macht sich frei von den Alltagssorgen, Mühen und Lasten. Dass dies aber nicht jedes kann, liegt in beruflichen Verhältnissen; denn die Eisenbahn will bedient, die Post befördert sein. Doch das eine ist nicht verständlich, warum dem dienstgeplagten Postboten sein schwerer Beruf nicht erleichtert wird, wo dieses angängig oder mit wenigen Kosten durchführbar ist.


Leserbrief im Laupheimer Verkündiger
zur Situation der Post im Jahre 1904


Einsender dieses begab sich am Pfingstsonntag nach dem Stadtbahnhof. Da sah er mitten im Gedränge den schwer beladenen Briefträger seinen überladenen Karren schieben; eine Last, für ein Pferd fast zu viel. Hier die spazierengehenden Menschen, dort der keuchende Briefträger, das war ein Kontrast, der mir tief in die Seele schnitt. Ist es nicht genug, dass unsere Briefträger sommers wie winters ihre schwer beladenen Wagen durch die lang gezogenen Straßen der Stadt führen müssen? Es wäre schon längst an der Zeit gewesen, da hier eine fahrende Paketpost einzuführen und dass hier dringenst Wandel geschaffen werde«.

 

Die stürmische wirtschaftliche und bevölkerungspolitische Entwicklung des Deutschen Reiches in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg brachte der deutschen Post, auch der Post in Laupheim, einen großen Zuwachs an Arbeit und neue Aufgaben. So hatte anno 1911 in Deutschland immerhin schon jeder 65. Einwohner das Telefon. Die Poststelle in der unteren Stadt platzte fast aus den Nähten. Der Ruf nach einem geräumigen Postamt in der Nähe des neuen Stadtbahnhofs musste verwirklicht werden. Endlich wurde in den Jahren 1910/11 das neue Postgebäude erstellt nur durch Straßenbreite vom Bahnhof getrennt.

Die Tagespresse meldete am 30. September 1911 in lakonischer Kürze:

»Postalisches. Vom 1. Oktober d. J. an wird der Post-, Fernsprech- und Telegraphendienst im alten Postgebäude eingestellt und im Neubau am Stadt-bahnhof vollzogen«. – Das alte Postgebäude aber war 1910 um 33635 Mark an die Amtskörperschaft Laupheim verkauft und der Oberamtssparkasse zur Verfügung gestellt worden.


Eröffnung des neuen Postamts
01. Oktober 1911


Das Königliche Postamt auf unserem Bild, nach einer Fotografie von Constantin Müller gefertigt, ist mit seinen vielen An- und Ausbauten, dem mächtigen Dach mit Gauben, den Giebelen, abgerundeten und eckigen Fenstern typisch für die Architektur vor dem Ersten Weltkrieg. Doch ist dem imposanten Gebäude mit der aufgesetzten eisernen Turmkonstruktion und den Isolatoren zur Verankerung der Freileitungsdrähte ein harmonisch-proportionierter Gesamteindruck nicht abzusprechen.

 



Die Harmonie des Postgebäudes ist allerdings gestört, seit die nun verkabelten Telefonleitungen im Jahre 1956 sozusagen »in den Untergrund gegangen« sind, das Türmchen „gestutzt« und ein niedriges, stumpfes Pyramidendach aufgesetzt wurde.


Die Post am Bahnhof nach dem Umbau