Städtepartnerschaft mit Neustadt an der Orla

Archivalie des Monats Juli 2023

Im Juni 2023 feiert Laupheim nicht nur das traditionelle Heimatfest sondern auch die Unterzeichnung der Städtepartnerschaft mit der thüringischen Stadt Neustadt an der Orla. Am 12. Juni jährt sich die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde zum 30. Mal. Fast einhundert Neustädter waren damals Zeuge in Laupheim, als vor dem Rathaus die beiden Bürgermeister Otmar Schick und Klaus Mailbeck die Partnerschaftsurkunde in Rahmen des gemeinsamen Heimatfestes unterzeichneten. am 26. Juni 1993 folgte die Unterzeichnung der Urkunde in Neustadt in Rahmen des gemeinsamen Neustädter Brunnenfestes.



In seiner Festrede sagte Laupheims Bürgermeister Otmar Schick:

„Wir sind im Januar 1990 im grünen Herzen Deutschlands fündig geworden – es war Liebe auf den ersten Blick«. Man sei dem Charme einer reizvollen mittelalterlichen Stadt gern erlegen, sagte der Bürgermeister und bekannte, »schon beim ersten Besuch hat uns Neustadt fasziniert«. Diese durch hohe Baukunst festgefügte Stadt lasse eine große bürgerschaftliche Tradition, Wohlstand und Reichtum über viele Jahrhunderte hinweg, freier Bürgergeist und tätigen Gemeinschaftssinn spüren. Vor allem die Liebenswürdigkeit, Offenheit, Herzlichkeit und Herzenswärme hätten es den Laupheimern angetan. »Wir betrachten es als einen Vorzug, dieser und keiner anderen Stadt und ihrer Bürgerschaft begegnet zu sein«. Bürgermeister Schick hielt in Folge fest, dass schon auf allen Ebenen des öffentlichen, kommunalen, administrativen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen Lebens Kontakte entstanden seien. Dieses Zueinander und Miteinander bedeute viel und habe reich gemacht.

Bewusst habe der Laupheimer Gemeinderat am zweiten Jahrestag der deutschen Einheit den Beschluss über die Partnerschaft gefasst und bewusst, so Schick weiter, die Partnerschaft im Rahmen des Heimatfestes abgehalten. »Laupheim soll für die Neustädter Bürgerinnen und Bürger ein Stück Zuhause, ein Stück Heimat sein.

Damit soll gleichzeitig die Bereitschaft, am ganzen deutschen Haus weiterzubauen, wachsen«


 


 

Nicht leicht war es für Bürgermeister Mailbeck, altbundesdeutschen Bürgern ostdeutsche Verhältnisse nahezulegen. Emotional vertrat er Neustadts Politik und redete sich in die Herzen der Laupheimer.

 

Auszüge aus der Rede von Klaus Malibeck:

„Nachdem wir Bürger aus dem Bereich der ehemaligen DDR 45 Jahre lang der Illusion der vermeintlich besten aller Gesellschaften nachgejagt sind, oder besser: nachgejagt wurden, stehen wir vor einem selbstgewählten Neuanfang, die eigene Zukunft und die unserer Kinder zu gestalten. Ich lege Wert auf die Formulierung »selbstgewählter Neuanfang«, denn es war ja tatsächlich das Volk in den jetzt so genannten »Neuen Bundesländern«, das in dem geschichtlich einmaligen Vorgang einer unblutigen Revolution ein totalitäres Regime stürzte. Dies mag vielerorts schon vergessen sein, wir ziehen aber daraus die Legitimation, Verpflichtung und auch Kraft, auf neuen Wegen das Ziel des Wohlstandes in Freiheit und Gleichheit für alle Bürger in unserer Heimat und in dem wiedervereinigten Deutschland zu erreichen. Wir sind wohl mit Recht stolz darauf, etwas unmöglich scheinendes geschafft zu haben. Mit viel Mut und Energie haben wir auch den Neubeginn unter diesen Vorzeichen mit Selbstbewusstsein eingeleitet.

Aber die Zeit heilt nicht nur Wunden, sondern sie verschleißt auch. In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben alle, die sich in der ersten Stunde für die öffentliche Arbeit zur Verfügung gestellt haben, diese Wahrheit zu spüren bekommen. Ich habe das Gefühl, dass wir noch keinen festen Grund unter den Füßen haben und dass diejenigen, die bereit waren, ein Wählermandat zu übernehmen, anfangen zu resignieren.

Um so mehr ist es für uns wichtig, in dieser schwierigen Situation Hilfe zu bekommen, zum Beispiel in Form dieser Partnerschaft, die wir heute miteinander besiegeln. Spektakulär war ein solcher Schritt vor 5 Jahren, vielleicht auch noch vor 2 Jahren, wo die Euphorie der Wiedervereinigung viele mitriss und Partnerschaften schnell beschlossen waren. Über den heutigen Alltagsproblemen, die unsere Zeitungen und Fernseher beherrschen, mag die Unterschrift unter einen Freundschaftsvertrag als nichts besonders erscheinen, etwas, was vielleicht nur in der Lokalpresse Würdigung erfährt. Es kommt hinzu, dass die Konflikte zwischen den alten und neuen Bundesbürgern – die ich zwar nicht dramatisieren will, die aber zweifellos da sind – eine Verständigung, wie wir sie heute vorhaben, nicht ganz leicht machen. Gerade aber deswegen empfinde ich unseren Schritt zu einer offiziellen Partnerschaft als Zeichen an alle Bürger in Laupheim und in Neu-stadt, den vielen Gemeinsamkeiten zwischen uns nachzuspüren und nicht das Trennende zu suchen. Freundschaft bedeutet, sich dem Partner zu öffnen, seine Gedanken dem anderen zu widmen, um ihn besser verstehen zu können und auch von ihm zu lernen.

Wir haben uns in der Vergangenheit oftmals getroffen, Sie haben uns in unseren Schwierigkeiten geholfen, wir haben miteinander gefeiert. Nicht ohne Prüfung unserer selbst leisten wir heute Unterschriften unter einen Vertrag. Das vorsichtige Wachsen dieser Freundschaft und die zielgerichtete Entwicklung bewahren uns vor einer falschen und voreiligen Entscheidung. Wir wissen jetzt umso sicherer, dass wir gemeinsam eine tragfähige Basis für unsere Partnerschaft bauen konnten. Ausschlaggebend für den Erfolg ist ja nicht die in einem kurzen Moment geleistete Unter-schrift, sondern vielmehr unser Wille, dem anderen zuzuhören, vorurteilslos ihm gegenüberzustehen und freundschaftlich mit Rat und Tat zu helfen. Freundschaftliche Ratschläge sind natürlich nicht immer nur der reine Zuckerschlecken. Sie können sicher manchmal schmerzen, solange sie aber im Sinne unseres Vertrages gemeint sind und solange sie aufrichtig gegeben sind, dienen sie unserem gemeinsamen Ziel, der Angleichung der Lebensverhältnisse in unserem neuen größeren Vaterland.“