Gasthaus zum Ochsen

Archivalie des Monats Januar 2023

Laupheim war schon immer für seine Einkehrfreude bekannt. Schon vor der Stadterhebung im Jahre 1843 gab es 15 Speisewirtschaften und 6 Schankwirtschaften. Und im Jahre 1909 gab es in der Stadt mit 5400 Einwohnern ganze 61 Gasthöfe, Restaurants und Wirtschaften. Das war der Rekord im damaligen Königreich Württemberg. Außerdem wurden die Wirtschaften Laupheims nicht nur von der schwäbischen Küche geprägt, sondern hatten aufgrund der großen jüdischen Gemeinde auch jüdische Einflüsse. Quasi direkt gegenüber vom Judenberg befindet sich an der Kapellenstraße 23, die früher auch als Judengasse bekannt war, eine der bekanntesten Wirtschaften Laupheims. Diese ist jüdischen Ursprungs- Die Schildwirtschaft zum Rothen Ochsen“


Das Gasthaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts


Das 1776 erbaute Gasthaus welches ursprünglich als „Schildwirtschaft Daniel Leopold Einstein“ bekannt war, war eine der ersten jüdischen Wirtschaften außerhalb des Judenbergs. Das Gebäude ist im Jahre 1808 abgebrannt und in seiner jetzigen Form wieder aufgebaut worden. Im Jahre 1814 wurde es als „Gasthaus zum Ochsen“ eröffnet. Seit ihrer Eröffnung war es der beliebteste Treffpunkt jüdischer Einwohner, Künstler, Literaten und Vereinen wie den Leseverein Concordia, den jüdischen Gesangverein Frohsinn, und dem Radfahrverein.


Anzeige für das Gasthaus vom 18. Oktober 1860


Der bekannteste Gast des „Ochsen“ war allerdings der in Laupheim geborene Carl Lämmle- der Erfinder von Hollywood und Gründer der Universal Studios. In Amerika zu großem Ruhm und viel Ehre gekommen, reiste er jedes Jahr in die alte Heimat und erwies sich als großer mildtätiger Förderer Laupheims. Wann immer er im Ländle war, hielt er in „seinem Palais“, dem Ochsen Hof, denn sein ursprüngliches Elternhaus an der Radstraße 9 lag quasi einem Steinwurf entfernt. Hier engagierte er für seine Filme berühmte Künstler wie Luis Trenker und Emil Jannings. Seine Liebe zu dieser Wirtschaft war so groß, dass er es später sogar auf dem Gelände der Universal Pictures nachbauen lies.  Bis zum Jahr 1939 war die Wirtschaft fast durchweg im Besitz der Familie Einstein-Sänger-Nördlinger.


Carl Lämmle vor dem Nachbau des Gasthofs auf dem Gelände der Universal Pictures in Los Angeles


Anfang der 1980er Jahre stand das Gebäude kurz vor seinem Abriss. Sonja Adelberger, Michael Gut, Frieder und Gerd Mann hatten das vom Verfall bedrohte Anwesen erworben und von Grund auf saniert. Dafür wurde ihnen 1984 der Peter-Haag-Preis des Schwäbischen Heimatbunds zuerkannt. „Für die Erhaltung des Stadtbildes von Laupheim wurde ein wegweisender Beitrag geleistet und ein wichtiges geschichtliches Zeugnis der einstigen jüdischen Bevölkerung gerettet“, urteilte die Jury.

Im Oktober 2015 hat die Familie Striebel das denkmalgeschützte Haus gekauft und mit viel Liebe und einer ganz eigenen Handschrift sorgsam in Stand gesetzt. Sie wirkte schon 1982/83 bei der Sanierung mit.

Heute wird das über 200 Jahre alte Haus von Sandra und Magnus Wilfert überaus ambitioniert betrieben. Der Rothe Ochse ist Mitglied bei Slow Food Deutschland und der kulinarische Reiseführer „Gusto“ zählt das Lokal zu den besten Restaurants in Baden-Württemberg.


Das Gasthaus nach der Renovierung und Instandsetzung