Die Geschichte des Judenbergs

Archivalie des Monats November 2023

Im Jahre 1743 hatte die in Laupheim herrschende Familie, die Welden, immer größere finanzielle Schwierigkeiten. Ein extravaganter Lebensstil und ständige Aus- und Anbauarbeiten an Ihrem Wohnsitz, dem Schloss Großlaupheim, führten dazu, dass die Kassen der Welden kurz vor dem Bankrott standen. Um dies zu verhindern folgte Karl Damian von Welden, das damalige Oberhaupt der Familie, dem damals üblichen Beispiel vieler anderer Fürsten und Grafen in deutschen und österreichischen Raum und nahm  gegen Bezahlung und weiterer Leistungen die ersten 20 jüdischen Familien aus dem Illereichen, Fellheim und Fischbach auf.  Unter Ihnen befand sich mit Jakob Bär auch schon der Erste Rabbiner Laupheims. Diese Familien stellte die Welden Familie nun auch unter ihren Schutz. Man wird sich an dieser Stelle vielleicht Fragen „Wozu Schutz und vor allem wovor?“. Die Juden waren damals mit böswilligsten  Klischees behaftet. Juden galten als gierige, hinterlistige und arbeitsscheue Menschen welche nur an Handel zu Wucherpreisen und einem Leben auf Kosten anderer Menschen interessiert waren. Dies führte zu starken Misstrauen, Angst und häufig auch zu Angriffen auf Juden führte. Den neu hinzugezogenen Familien sollte es ein beruhigendes Gefühl vermitteln im Schutze eines Fürsten oder Grafen zu stehen. Zur Beruhigung der feindlich gesinnten Bevölkerung, siedelte man die ersten Familien am damaligen Stadtrand an, den man heute noch als Judenberg kennt.


Judenschutzvertrag


Das Leben der ersten jüdischen Familien in Laupheim war an die sogenannten Schutzbriefe und die darin enthaltenen Verhaltensregeln geknüpft, wodurch sie zu Bürgern zweiter Klasse wurden und laufend Schutzzahlungen in Form von Geld- oder Sachleistungen an die Welden zahlen mussten.  Schon bald erwiesen sich die Juden als eine äußerst rentable Geldquelle die sich für die Welden, da sich ihre Kassen rasch wieder füllten.  Dies führte dazu, dass die Zahl der jüdischen Familien ausgeweitet wurde und den Juden immer mehr Rechte zugesprochen wurde. Im Zuge neuer Schutzverträge entstand zum Beispiel ein Verzeichnis in dem alle jüdischen Familienväter namentlich aufgezeichnet sind. Eine größere Anzahl an Familien bedeutete aber auch mehr Platzbedarf. Aufgrund der beschlossenen Baubestimmungen kamen Neubauten nicht in Frage kamen und so wurde auf sonderbare Art und Weise der neue benötiogste Wohnraum geschaffen. Man merkt teilweise noch heute bei einem Gang durch die ehemalige Siedlung, dass die Straßen stark verwinkelt und ziemlich engmaschig gebaut wurden. Erst Später wurden die Baubestimmungen freier ausgelegt und an noch freien Bauplätzen konnten weitere Häuser gebaut werden.


Verzeichnis der ersten 20 Jüdischen Familien in Laupheim


Beispiele für die engmaschige Bautätigkeit auf dem Judenberg



Erst als Laupheim nach der Neuordnung Deutschlands im Jahr 1806 an das Königreich Württemberg überging und mit Friedrich dem 1. einem neuen Landesherren bekam, verbesserte sich Ihre Situation. Sie wurden von jeglichen Verträgen die zu Zeiten der Welden zustande gekommen waren befreit, durften Schulden aufnehmen, Eigentum erwerben und Land- und Handwerkliche Berufe erlernen. Seit 1828 konnten sich jüdische Bewohner auch außerhalb des Judenbergs niederlassen. Danach entstanden zahlreiche neue Häuser, vor allem in der Kapellenstraße welche daher zeitweise auch „Judengasse“ genannt wurde, in der Bronner Straße, der Radstraße und der Schillerstraße. Jüdische Industriefirmen entstanden vor allem in der Fabrikstraße und in der Steinerstraße. Einer Straße welche übrigens nach einem Juden benannt wurde.


Das Gasthaus Ochsen. Eines der ersten jüdischen Gebäude außerhalb des Judenbergs