Am 26. April 1986 ereignete sich um 01:23 Uhr die Nuklearkatastrophe im Reaktor-Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl nahe der 1970 gegründeten ukrainischen Stadt Prypjat. Auf der siebenstufigen internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse wurde sie als erstes Ereignis in die höchste Kategorie katastrophaler Unfall eingeordnet. Es handelt sich um den folgenschwersten Unfall in der Geschichte der friedlichen Nutzung der Kernenergie.
Da die dabei entstandene nukleare Wolke auch in Richtung Deutschland zog, wurde auch hier in Laupheim darauf reagiert.
Am 29. April 1986 stellte Laupheims Bürgermeister Otmar Schick eine Anfrage nach Radioaktiver Belastung an das Warnamt VIII in Rottenburg. Diese gaben am Tag darauf die Rückmeldung, dass in Laupheim ein geringer Anstieg der Radioaktivität vorhanden sei, dieser aber unbedenklich sei. Untersuchungen von Dr. Wieland Wolf zeigten allerdings, dass starke Regenfälle zu einem starken Anstieg der Strahlenbelastung führen können.
Am 3. Mai 1986 wurden daher vorerst Sicherheitsmaßnahmen getroffen in Kindergärten durfte beispielsweise auf Wiesen und in Sandkästen nicht gespielt werden, in Schulen wurde der Sportunterricht auf Außenanlagen untersagt und Landwirte durften ihre Tiere nicht raus lassen und keine Freigüter ernten.
Besorgte Bürger aus Laupheim lassen ihr Gemüse auf erhöhte Strahlenwerte untersuchen
Bis zum 14. Mai wurden die Strahlenbelastungen laufend untersucht, ein besonderes Augenmerk wurde hierbei auf dem Sand in Kindergärten gelegt. 2 mit Gras gefütterte Rinder wurden geschlachtet und genau untersucht. Es stellte sich heraus, dass die Strahlenbelastung stark rückläufig ist und keine weiteren Schutzmaßnahmen erforderlich seien.
In Folge der Katastrophe wurde radioaktive Strahlung zu einem wichtigen Thema. So informierte die Zeitung darüber wie sich Strahlung auf dem Körper auswirkt, und Wildfleisch wurde gründlich untersucht
Später setzte sich Bürgermeister Otmar Schick für Messtationen in Laupheim ein. Radioaktivität und Strahlung wurde zu einem der Hauptthemen in der Schule, die Bürger ließen ihr Gemüse regelmäßig überprüfen und es kam zu starken Anti-Atomkraftprotesten. Noch sehr lange wurde vor dem Verzehr von Gemüse, Wildfleisch oder gesammelten Pilzen abgeraten.
Pressemitteilung des Landrats Biberach zu den sinkenden Strahlenwerten
Auch heute noch lassen sich, allerdings sehr selten, erhöhte Werte der Strahlenbelastung bei Waldpilzen messen und Mutationen bei Blumen beobachten.
Mutationen an Blumen
Das Kernkraftwerk Tschernobyl war nach der Räumung und dem Anbau eines sogenannten Sarkophags noch bis zum Jahr 2000 im Betrieb. Im Jahr 2013 wurde eine weitere Schutzhülle um den Reaktorblock gelegt.